almuneca.html

Erika Steinbeck - Bilder und Gedanken
Texte

 

 

Was man so im Kopf hat

 

Wie stellst du dir Gott vor?

 

Gar nicht, denn ein Gott, den ich mir vorstelle,  den ich mir selbst zusammenbaue,  ist  natürlich kein Gott, sondern ein Fantasiegebilde, eine Comicfigur – oder ein Götze.

 

OK, aber du hast ein Bild von Gott im Kopf, ob du willst oder nicht. Anders kannst du nicht an ihn denken, über ihn nachdenken, zu ihm beten...

 

Wahrscheinlich.

Die Kunstdarstellungen und was ich lese und höre prägt mich.

Moment mal:

Gerade

die Bibel ist voll von Eigenschaften Gottes: Er ist barmherzig, ist mächtig, Herrscher, Vater, Hirte hat Arme, Ohren, Augen. Also ist das doch OK, Gott in Bildern zu beschreiben. Jesus sagt von sich ja auch: Ich bin das Licht der Welt, der Weinstock, das Wasser des Lebens... Das sind doch Bilder!

 

Aber gerade die Bibel warnt auch davor, sich ein Bildnis zu machen von Gott...

 

Ich dachte immer,  „kein Bildnis machen“  soll heißen, man darf sich keine Skulptur oder Figur aus Holz, Ton, Gips und so machen oder aus Gold wie das goldene Kalb – Objekte, die man dann anstelle von Gott anbetet...

 

Sicher. Aber da ist, denke ich, noch etwas anderes gemeint, nämlich die Warnung, unsere notwendigen Bilder und Vorstellungen, die wir nun mal von Gott haben, anstelle des lebendigen Gottes zu setzen.

Es sind nämlich wirklich nur Bilder, sie gehen an der Wirklichkeit Gottes weit vorbei.

 

Und da Gott dann anders ist als das Bild, das ich mir von ihm gemacht habe, werde ich an Gott irre. Dann kommen die Zweifel auf: ... Ich versteh Gott nicht. Gott ist so anders - Gott ist tot.

 

Als ein Mann diesen Satz: „Gott ist tot“ mal dem Pfarrer Wilhelm Busch sagte, bestätigte der begeistert mit etwa diesen Worten: „Da haben Sie absolut recht! – Der Gott, auf den Sie gerade geschimpft haben, der ist wirklich tot. Und das ist gut so.“

 

Ja - , was machen wir nun: Ohne Bilder können wir nicht denken -

- und mit Bildern denken wir falsch... Was ist zu tun?

 

Eigentlich dasselbe, was wir auch sonst tun müssen, wenn sich Vorurteile aufgebaut haben zB gegenüber Menschen: Die Vorurteile einfach fallen lassen und neu hinhören, neu hinschauen - uns neu auf Gott einlassen...

 

Vorurteile fallen lassen... Das ist nicht leicht. Aber es lohnt sich - es geht schließlich nicht darum, was ich mir unter Gott vorstelle, sondern wie Gott IST.

 

est

 

 

 

Die Bitte


Ich bat um einen Apfel, Herr, für meinen Baum.
Nur einen.
Aber du schienst nicht zu hören.
Blüten schenktest du, keinen Apfel.

Kannst du ihn nicht erfüllen, meinen bescheidenen Wunsch?
Und nun ist Herbst – und du überschüttest mich mit Äpfeln.
Ich versteh dich nicht.

„Warum bittest du so dürftig, mich, der ich dir alles geben möchte?
Du warst der, der nicht hörte, nicht verstand.
Die vielen Blüten, sagten sie dir nichts?
Verstehst du meine Sprache nicht mehr, die doch auch deine ist?
Nun ist die Zeit reif.
Und ich gebe dir, wie ein König gibt.

est




Wie alt bist du eigentlich?


-alt und vollkommen? -

Sagte neulich ein Mittvierziger zu mir:
„Ich finde, das Alter eines Menschen spielt doch keine Rolle. Allerdings - wenn ich an meinen Onkel Eduard denke... Auweia. Aber der ist auch schon über siebzig.“
„So alt?“, fragte ich und lächelte.
„Ja, über siebzig,“ sagte der Mittvierziger.
„Ich bin auch über siebzig!“, sagte ich.
„Oh – Entschuldigung.“

Die kleine Peinlichkeit löste sich in Lachen auf. Der Gesprächspartner fühlte sich ertappt, dass für ihn doch das Alter eine Rolle spielt.
Sicher nicht immer. Aber hin und wieder schon.

 Wenn ich mich mit jemandem gut verstehe oder wenn ich mich an einem Gespräch freue oder es spannend empfinde, dann – spielt das Alter wirklich keine Rolle. Doch. Es spielt dann unter Umständen gerade eine Rolle, aber keine schlechte.
Wenn das Gespräch ungewohnt verläuft oder nur zögerlich in Gang kommt, wenn das Interesse nicht über den Augenblick hinausreicht, dann sagt man vielleicht eher liebevoll: Der (oder die) ist schon soo alt.

Ob ich jemanden mag oder nicht - das Lebensalter sollte eine Rolle spielen - in positivem Sinn:
Manchmal wird es  in einer Runde erst richtig spannend, wenn da auch ältere Menschen dabei sind, die manches gelassener sehen, weil sie schon vieles erlebt haben, ausprobiert, Enttäuschungen überwunden, weil sie Stärke gelernt und Demut geübt haben.
Man muss schon etwas älter sein,  einige Jahre „auf dem Buckel“ haben, bis man gelernt hat, dass manches nicht geht, dass manche Wege Umwege sind oder schlicht falsch oder übel sind, dass nichts so gut heilt wie Zuwendung und Liebe, dass gute Beziehungen nicht gefordert, sondern gelebt werden müssen und vieles mehr.
Wie viele Jahre?
Wann stellt sich so etwas wie Lebensweisheit ei? Manche lernen es bald, oft durch schmerzliche Erlebnisse. Manche nie – und wenn sie uralt werden.

Man spricht von Reife. Man spricht von einem gereiften Menschen, wenn da Eigenschaften und Überzeugungen zu entdecken sind, die man wünschte, selbst zu haben und die man bewundert.

Eine Freundin sagte neulich:
„Ich freue mich, dass ich nicht mehr so jung bin. Wie war ich da in so vielem unsicher! Da gab es manche Konflikte wegen Kleinigkeiten.
Wie dumm war ich oft.
Ich hatte aber auch noch nicht so viel mit Gott erlebt – mein Vertrauen war noch nicht gefestigt. Ich dachte, ich müsste mich überall absichern.“
Und dann bestätigte sie noch einmal:
“Ich finde es gut so, schon eine Weile gelebt zu haben, nicht mehr so jung zu sein.“
Das hört man nicht oft. Viel naheliegender ist der Seufzer:
„Ach, könnte ich noch mal jung sein, noch mal von vorne anfange – aber mit all dem Wissen und der Erfahrung, die ich heute habe...“
Dahinter steht auch der Gedanke:
„Dann könnte ich wirklich mal mit dem zufrieden sein, was ich gemacht habe...“

Ich bin sicher: Selbst wenn ich all das wüsste, was ich heute weiß und mein Leben neu zu planen hätte – am Ende würde ich wieder sagen: „Wenn ich das gewusst hätte, was ich heute weiß...“

Das Leben ist kein Experiment, das ich wiederholen kann - und bei dem ich die Bedingungen einzeln und exakt verädern kann.
„Wir steigen nie in denselben Fluss“, nichts wiederholt sich, das wussten schon die Griechen.

Das ist sehr ernüchternd. Um beim Bild zu bleiben: Ich kann lernen, geschickt in den Fluss zu steigen, ohne Auszurutschen, ohne zu viel Wasser zuschlucken, ich kann lernen, Freude daran zu haben, andere mit zu nehmen,,, Aber es ist jedes Mal wieder anders. Ehrlich gesagt: Früher hat mich das sehr verunsichert. Und wenn ich nicht wüsste und erlebt hätte, dass ich in all dieser Unsicherheit doch im Glauben an Jesus Christus auf festem Grund stehe, wäre ich es noch heute.

Und wie bin ich heute? Etwas weise? Schließlich schon über siebzig.
Unerschütterlich?
Sooo alt bin ich nun auch wieder nicht.


est

 

 

 

Ich bete jetzt...

 

Ja, jetzt ist die Zeit ideal. 11.45 Uhr.

 

Jetzt bete ich.

Ein Tässchen Kaffee dabei?

Das wäre sehr gut. Ich hatte noch keinen heute morgen.

Ein Tässchen Kaffee.

Das könnte ich immer so machen. Kaffee beim Beten.

Das hält munter und – es ist ja auch etwas besonders, das Beten.

Warum nicht mit Kaffee.

Warum ist da noch niemand drauf gekommen.

 

So.

Also.

 

Obwohl – so mitten am Tag beten – ich sollte das eigentlich morgens früh machen. Das wäre viel sinnvoller. So mitten am Tag – und wenn ich zu lange bete, sind die Geschäfte gleich zu. Aber heute brauche ich nichts.

Ich brauche überhaupt sehr wenig. Ich hab ja alles. Wer kann das schon von sich sagen. Man müsste viel dankbarer sein. Man müsste...Ich müsste...

O, die Sonne scheint direkt auf die Möbel und den Teppich.

Jalousien runter, auf einen Spalt. So ist das gut und gemütlich.

Richtig gemütlich.

 

Ja, eigentlich müsste ich sehr dankbar sein. Für alles. Auch für diese Zeit und diese gemütliche Ecke.

Wer hat das schon.

Bin ich aber auch, dankbar. Jetzt. Manchmal hält das ja auch länger an, das mit der Dankbarkeit. Aber ich motze auch öfters. Bei anderen mag ich das gar nicht. Das geht mir auf den Wecker. Aber – ich tu das ja auch – motzen über andere, die so wenig sensibel sind oder unhöflich und manchmal gemein, über Dinge, die nicht funktionieren, über die lieben Verwandten, die – lassen wir das jetzt.

Ich sitze ja hier, um zu beten.


 

Übrigens: Ich  bin wirklich  manchmal sauer und ärgere mich über alles Mögliche.

Ärgern ist so etwas Überflüssiges und Dummes. Denn: entweder ich kann die Sache ändern, dann muss ich sie eben ändern oder ich kann es nicht, dann macht das Ärgern nur, dass es auch mir noch schlecht geht.

Wenn ich mir das doch nur abgewöhnen könnte.

Es ist zu ärgerlich, ich kriege es nicht hin.

Das ärgert mich so – aber dieser Ärger – wenn er dazu führt, dass ich mich dann nicht mehr ärgere –

dann ist der doch gut, der Ärger...

 

Ach, beten, ja.

Was ist denn nun. Gott, ist das schwer...  Wäre es nicht viel einfacher, Du Gott, würdest mir all diese krausen Gedanke aus dem Kopf pusten und, und lachen, dass ich so dumm bin. Und sagen: Komm, jetzt reden wir mal ernsthaft miteinander.

So bin ich: Ich kann immer anderen sagen, was sie tun sollten. Anderen.

 

Was ich gerne wüsste ist, warum heute noch niemand angerufen hat. Vielleicht liegt nur der Hörer nicht richtig. Ich... aber vielleicht... bei mir liegt auch irgendwie der Hörer nicht richtig, wo ich gerade doch mit Gott beten, ihn anrufen will.  Und vielleicht möchte er mir etwas sagen. Aber der kommt gar nicht durch, weil ich noch gar nicht angefangen habe zu beten – und nun ist die Zeit schon fast abgelaufen.

Immer dasselbe.

Die Zeit ist bald um und ich habe immer noch nicht gebetet.

Vielleicht ist meine Zeit überhaupt bald abgelaufen und ich habe immer noch nicht richtig und ernsthaft und von ganzem Herzen und so...

 

Aber – hat er mir nicht gerade eine Menge gesagt: das mit der Dankbarkeit und das mit dem Wissen müssen, dass manches nicht so wichtig ist, das mit dem Ärgern, dass das bei mir aufhören muss und dass es Wichtigeres gibt, dass ich dafür ein Ohr haben muss, besonders, wenn es von oben kommt und mitten am Tag...

Habe ich vielleicht doch - gebetet?

Jedenfalls: Gott hatte bei mir eine Chance – und ich glaube, er hat sie voll genutzt. ich glaube.

O, der Kaffee ist noch ein wenig warm.

 

Demnächst, wenn ich bete - nur mit Kaffee.

 

est

 

 

Gold - wenn ich es hätte

Gold  - wie das klingt.

Mit Gold - wenn man es denn hätte -

könnte man Träume verwirklichen

Man hat es nicht.

Andere haben es.

 

Nicht nur das Gold -  alles ist so ungerecht verteilt:

Begabung, Charisma, Chancen.

Überall sind Leute, die „es“ besser haben,

die besser ankommen bei anderen, attraktiver sind,

mehr Glück haben und mehr Einfluss.

 

OK. Gott schütze sie und lass es ihnen zum Segen werden.

 

Ich will zufrieden sein mit dem, was ich habe und kann.

Das ist wenig und das ist viel.

Ich will nicht neidisch sein und nicht überheblich.

Ich will frei sein zur Liebe.

Zu deiner Liebe.

Denn du bist mein Herr und mein Gott.

est

 

Ich bin der Herr, dein Gott,

du sollst nicht nach dem Haus deines Nächsten verlangen.

Du sollst nicht nach der Frau deines Nächsten verlangen,

nach seinem Sklaven oder seiner Sklavin,

seinem Rind oder seinem Esel

oder nach irgendetwas, das deinem Nächsten gehört.

 

 

lebensnah - erika steinbeck 0