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Sehnsucht - Woher kommt sie?

 

Ich sehne mich ...danach, endlich mal wieder Zeit zu haben... Ich sehne mich ... nach Ruhe, dass man sich einig ist, ... dass das Gequatsche aufhört, ....dass die Kinder sich vertragen, ....dass ich mich nicht mehr vor dem nächsten Tag fürchten muss. Und. Und. Und.

Kann ich auch sagen: ich wünsche mir...?

„Sehnen“ ist stärker und ist manchmal wie eine Hintergrundmelodie unseres Lebens.

Sehnsucht – sie erfüllt uns – sehr unterschiedlich - mal ganz, mal kaum.

 

Sehnsucht...

Die Sehnsucht kann sein wie ein Traum,wehmütig und auch beglückend. Vielleicht sehnst du dich nach vergangenen Zeiten, dass ein Erlebnis sich wiederholt, das dich ganz erfüllte – und es macht dich traurig, dass es vorbei ist. Oder du sehnst dich nach einem Leben, das dir großen Frieden schenkt. Und du malst es dir aus. Und du leidest darunter, dass dein Leben jetzt ganz anders ist.

Manche Bilder der Sehnsucht sind wie wunderschöne Landschaften –sie zeigen aber zugleich eine unerreichbare Ferne. So ist Sehnsucht. Irgendwie weicht das Ziel der Sehnsucht oft zurück, wenn man sich ihm nähert und wird letztendlich unerreichbar.

Und trotzdem brauchen wir die Sehnsucht. Alles Menschliche ist nicht ohne Sehnsucht denkbar, ohne dass der Mensch träumt und Ideen verwirklicht und Neues wagt.

Ich hörte einmal die Aussage: „Ein Mensch ohne Sehnsucht, ist eigentlich kein Mensch.“ Da ist etwas dran: Er hat kein Ziel, keine Hoffnung, kann sich nicht begeistern, nicht forschen, nicht dichten, nicht lieben... Ja selbst das, was er glaubt, erfüllt ihn mit einer Sehnsucht danach, dass sich alles erfüllt und er ganz und gar bei Gott ankommt.

 

Manche Menschen schießen ihre Sehnsucht wie einen Pfeil vorwärts  und dann machen sie sich auf, leben auf dieses Ziel zu. Das kann wunderbar gelingen, wenn man – ja, wenn die Ziele angemessen sind, für diese Situation, für diese Zeit, für diesen Menschen.

Mancher aber verzweifelt an der Sehnsucht, wenn er nur dieses Sehnen spürt und wenn sich nichts erfüllt. Wenn sogar

die Träume platzen. Kennen Sie das? Man fühlt sich dann oft betrogen. Vom Schicksal?

Und mancher ist verzweifelt, wenn sich seine Sehnsucht ganz anderserfüllt als er dachte.

Bernard Shaw meinte einmal:

 

"Es gibt zwei Tragödien im menschlichen Leben:

Erstens, dass der Mensch nicht bekommt, wonach er sich sehnt. Und zweitens, dass er bekommt, wonach er sich sehnt."

 

Schon der Name SEHN-SUCHT verrät, dass da auch eine dunkle Seite ist:

Jederzeit kann das Träumen und Wünschen ein Übergewicht bekommen: Die Gier nach Ehren, nach Gewinn, nach Reichtum, nach Siegen, lassen einen nicht zur Ruhe kommen. Ja das Sehnen wird zu einer Sucht: Denn alles, mit dem man seine Sehnsucht stillen will, reicht nicht an das Ideal heran und gibt einem nicht das Gefühl: DAS IST ES!

Wer sich zB nach Geld sehnt, nach „Reichtümern“, nach Anerkennung, Macht, der wird – falls er das auch bekommt, nicht die Sehnsucht danach verlieren. Er „schießt seinen Pfeil“ gleich zum nächsten Ziel und die Jagd geht weiter und wird immer intensiver und rücksichtsloser. Aus Wunsch wird Gier, aus Macht wird Machtmissbrauch und durch den Trieb nach Anerkennung verliert man jedes Mitgefühl für andere Menschen.

 

Aber auch harmlose Wünsche können einen Menschen so mit Sehnsucht erfüllen, dass er eines Tages die Wirklichkeit nicht mehr erträgt. DieScheinweltbestimmt das Leben, fern der Realität. Manche werden ständig unzufrieden und voller irrealer Wünsche, werden richtig krank, weil sie in Gedanken schon alles an sich ziehen und doch nicht satt werden ... oder sie bringen sich um.

 

Dann haben nichtwir die Sehnsucht – dann hat die Sehnsucht uns.

Ein Mensch ohne Sehnsucht aber ist kein Mensch?

Ist das so? Sollte die Sehnsucht wirklich etwas sein, das zum Menschen gehört? Und dass es nur darauf ankommt, richtig mit ihr umzugehen?

 

Ich höre gerne von anderen Menschen, denen ihre sehnlichsten Träume nicht erfüllt wurden, die aber dennoch Menschen der Sehnsucht blieben. Wie ist das möglich?

Jeder, der das übt, sich nicht von derSehnsucht klein kriegen zu lassen, der es schafft, nicht Sklave der Süchte und Wünsche zu werden,  erlebt immer und immer wieder Freiheit und Weite.

 

 

 

Ein Beispiel:

Da hat einer eine große Sehnsucht nach Freunden,  Sehnsucht, gesehen zu werden, anerkannt zu sein. Er könnte sich immer wieder in den Vordergrund stellen und sich profilieren, um Anerkennung werben.

Er tut es aber nicht. Statt dessen versucht er, selbst Freund zu sein, anderen zu zuhören anstatt selbst zu reden, andere „ran“ zu lassen, anstatt zu zeigen, was er kann; andere zu fördern anstatt selbst jede Chance zu ergreifen.

 

Ein anderes Beispiel:

Da ist einer von der Sehnsucht nach einer perfekten Gemeindeerfüllt. Er sieht so viel, was überhaupt nicht seinem

Ideal entspricht. Er leidet darunter. Und – er bekommt einen Tunnelblick: Er sieht alles noch viel unperfekter und mangelhafter als es in Wirklichkeit ist.

Und eines Tages- ich nehme an, es geschah im Gebet – begreift er, dass er selbst durch seine Ungeduld und seinen Frust

vieles kaputt macht, manchem unrecht und weh tut.  Er bekommt einen neuen Blick, sieht die vielen Stellen, an denen kleine Wunder geschehen, und sieht die vielen Stellen, über die man sich einfach freuen muss. Er erkennt, wo er Mut machen könnte,  wo er ganz leicht etwas verändern kann und er erlebt, wie vieles er durch liebevolle oder kluge Bemerkungen und Gespräche erreicht. Durch Gebet und liebevolle Gedanken hat er auf einmal Zugang zu Menschen, mit denen er zuvor nicht klar kam, ja, die er ablehnte...

 

Sehnsucht - Wo kommt sie her?

Wenn wir sie doch brauchen, wenn aber nichts auf der Erde sie stillen kann...

Wenn sie uns „fertig machen“ kann ( und wir werden ungenießbar) oder auch beglücken (und wir können zum Segen werden )?

In Prediger 3,11 lesen wir:

„... Gott hat den Menschen die Ewigkeit ins Herz gegeben...“

In der Sehnsucht, die wir haben, spiegelt sich die Sehnsucht, die Gott hat, nach uns, nach dem Menschen.

„Du bist ein gedanke Gottes...“ singen wir gerne. Gottgemacht. Gott hat den Adam als sein Gegenüber geschaffen. Er ist der Vater. Er hatte Sehnsucht nach Kindern und so sind wir mit dieser Sehnsucht gemacht. Sie zieht uns zum Vater. In seine Ewigkeit. Darum kann nichts diese Sehnsucht auf Erden stillen.

 

Darum kann sie uns auch nur zum Segen werden,  wenn wir sie auf Gott richten.

Es ist wie mit dem Atmen: Atmen ist eine Gabe, die uns leben lässt. Aber es ist nicht egal, was wir einatmen.

Sehnsucht ist auch eine Gabe Gottes, die uns in einer Welt , die schwierig ist, leben lässt, aber wir müssen herausfinden, was unser Sehnen bestimmt. Gott weiß es.

 

Die Sehnsucht kann zu einem Freund werden: Sie öffnet mir eine Weite auf das, was vor mir liegt.

Ich sollte sie zulassen, sie hilft mir nach vorne zu leben, anstatt mich von dem, was falsch gelaufen ist, bremsen zu lassen. (Johannes Hartl)?

 

Wer keinen Mut zum Träumen hat, hat keine Kraft zum Handeln(Zulehner).

Träumen mit Gott – wie Johannes im letzten Buch der Bibel, das zum Trostbuch wurde. Träumen im Glauben, dass es schon hier auf der Erde möglich ist, mit Jesu Liebe zu lieben, zu begleiten, zu lehren und zu lachen...

 

Erika Steinbeck

 

 

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